Wer kontrolliert die Zahlungen in Europa? Die überragenden Argumente für einen digitalen Euro

0

Der digitale Euro ist eine vorgeschlagene digitale Zentralbankwährung (CBDC), die eine öffentliche Alternative zum Bargeld darstellen soll. Diese digitale Währung würde ein europäisches Zahlungsnetzwerk schaffen, das das bestehende System herausfordert – ein System, das stark von ausländischen Kartensystemen und riskanten, dollarbasierten Digitalwährungen geprägt ist.

Anmerkung: Dieser Text ist die Übersetzung eines in englischer Sprache veröffentlichten Texts. Hier das Original lesen

Der digitale Euro ist nicht mehr nur eine mögliche neue Zahlungsoption. Er wird vielmehr immer wichtiger für die strategische Autonomie Europas. Der digitale Euro würde Europa in die Lage versetzen, seine Abhängigkeit von ausländischen Unternehmen zu verringern und die Kontrolle über kritische Zahlungsinfrastrukturen zurückzugewinnen und wäre eine zuverlässige Alternative zu den riskanten Dollar-gestützten digitalen Währungen.

Das europäische Zahlungssystem 

Heute wird die europäische Zahlungslandschaft von US-Unternehmen wie Visa und Mastercard beherrscht. In der zweiten Hälfte des Jahres 2023 wurden mehr als zwei Drittel der Kartentransaktionen in der Eurozone über internationale Zahlungssysteme abgewickelt, wobei Millionen von europäischen Verbrauchern und KMU Gebühren bezahlten. Diese Zahlungsdienstleister verlangen aber nicht nur heftige Transaktionsgebühren, sondern machen die Zahlungsverkehrsinfrastruktur der EU durch ausländische Einflussnahme auch gefährlich anfällig für externen politischen Druck.

Die wachsende Herausforderung durch Stablecoins 

Es geht nicht nur um Zahlungssysteme. Wir erinnern uns vielleicht alle noch an den 2019 von Facebook unternommenen Versuch die privat kontrollierte digitale Währung „Libra“ einzuführen, durch den weltweit Alarm wegen des Datenschutzes und der Risiken für die finanzielle Stabilität ausgelöst wurde. Damals hatte sich die Zivilgesellschaft erfolgreich dagegen gewehrt und die Aufsichtsbehörden griffen ein, verhinderten die Einführung und stärkten die Idee, dass die Kontrolle des Geldes in öffentlicher Hand bleiben sollte. Doch heute hat sich das politische Umfeld gewandelt und es ist eine von den USA unterstützte Herausforderung für die traditionellen Währungen entstanden. Diesmal sind es die Stablecoins, die eine Disruption des Geldsystems auslösen könnten.

Stablecoins sind digitale Währungen, die an traditionelle Vermögenswerte, meist den US-Dollar, gekoppelt sind und eine verlässlichere Alternative zu den volatilen Kryptowährungen darstellen. Allerdings sind sie nicht ganz so sicher, wie es scheinen mag. Im Gegensatz zu Bargeld, das direkt von einer Zentralbank abgesichert ist, sind Stablecoins von der finanziellen Gesundheit der ausgebenden Unternehmen abhängig. Die Reserven, die diesen Währungen zugrunde liegen, werden in der Regel in zinstragende Vermögenswerte investiert, was den Emittenten Gewinne einbringt, die Inhaber aber auch Risiken aussetzt, wenn diese Reserven schlecht verwaltet werden oder illiquide werden. Der Zusammenbruch des TerraUSD-Stablecoin im Jahr 2022 belegt die Risiken einer starken Abwertung, wenn das Vertrauen in das ausgebende Unternehmen schwindet. Im Grunde sind Stablecoins nur Schuldscheine von Unternehmen, die wie jedes andere Unternehmen auch Gegenstand eines Zahlungsausfalls sein können und so die Halter mit leeren Händen zurücklassen. Der Besitz eines in US-Dollar abgesicherten Stablecoins garantiert keinen Dollar.

Trumps Krypto-Unterstützung 

Aber die derzeitige US-Regierung hat diese digitalen Vermögenswerte begrüßt und kürzlich den Stablecoin-Markt in Schwung gebracht. Ende Januar unterzeichnete Donald Trump eine Anordnung zur Deregulierung von Kryptowährungen und zur Beseitigung von Hindernissen für privat ausgegebene, durch den Dollar abgesicherte Stablecoins. Kurz darauf ging die US-Regierung einen Schritt weiter und unterzeichnete eine Anordnung zur Einrichtung einer strategischen Reserve von Kryptowährungen. Anstatt eine staatlich abgesicherte digitale US-Zentralbankwährung (CBDC) mit klarer regulatorischer Aufsicht zu entwickeln, unterstützt Trump das unkontrollierte Wachstum privater Stablecoins. Die Botschaft aus Washington ist eindeutig: Es ist an der Zeit, dass die Finanzbranche private digitale Vermögenswerte ernst nimmt. Banken und Fintechs reagierten und bereiten sich auf die Ausgabe ihrer eigenen, durch den US-Dollar abgesicherten Stablecoins vor. Dabei handelt es sich um große Finanzinstitute wie die Bank of America, Standard Chartered, PayPal und Stripe, die sich alle darauf vorbereiten, Stablecoins auszugeben und von einem schnell wachsenden Markt zu profitieren.

Eine Bedrohung für Europas Währungssouveränität

Diese nichteuropäischen Emittenten werden Stablecoins in der Eurozone verfügbar machen. In der Zwischenzeit arbeitet der US-Kongress daran, diese digitalen Dollars im Rahmen des GENIUS Act und des STABLE Act zu legitimieren. Diese Gesetzesentwürfe versäumen es, angemessene Sicherheitsvorkehrungen vorzusehen und geben den Interessen des Sektors Vorrang vor der finanziellen Stabilität. Indem sie dazu beitragen, Stablecoins zu normalisieren, erhöhen sie jedoch das Risiko, dass sich Dollar-gesicherte digitale Währungen im europäischen Finanzsystem etablieren. Dadurch besteht die Gefahr, dass sich die ausländische Kontrolle über den europäischen Zahlungsverkehrsmarkt ausweitet und dass die Abhängigkeit von US-Finanzgiganten bei digitalen Transaktionen zunimmt.

Und die Transaktionen in Stablecoins steigen sprunghaft an. Sie erreichten einen Wert von 27,6 Billionen USD im Jahr 2024 und somit mehr als Transaktionen, die über Visa und Mastercard abgewickelt werden, was insbesondere auf internationale Zahlungen und den wachsenden Kryptohandel zurückgeht.

Die Unterstützung der US-Regierung für Kryptowährungen könnte auch die Ambitionen der Big Tech-Unternehmen, in das Rennen einzusteigen, neu entfachen. Mit ihren enormen Ressourcen und ihrer globalen Reichweite könnten Unternehmen wie X, Meta und Apple erfolgreich Dollar-abgesicherte Stablecoins in Europa einführen. Wenn diese datenreichen Big-Tech-Firmen einen bedeutenden Anteil der Transaktionen und Einlagen kontrollieren können, wirft das ähnliche Bedenkenauf wie schon 2019 im Fall von Libra. In einem weniger stabilen internationalen Umfeld werden Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und der Währungskontrolle immer dringlicher.

Tatsächlich würde die weit verbreitete Verwendung von Stablecoins bei europäischen Transaktionen die Kontrolle der EZB über die Geldpolitik untergraben. Mit dem Dollar abgesicherte digitale Währungen würden innerhalb der Eurozone zirkulieren, aber außerhalb des direkten Einflusses der EZB auf die Geldbereitstellung bleiben. Eine Parallelwährung, die von der Federal Reserve verwaltet wird, würde für EU-Transaktionen immer wichtiger werden.

Eine sichere europäische Alternative 

Digitale Währungen sind angekommen. Angesichts des Aufkommens von von Privatunternehmen ausgegebenen in Dollar abgesicherten Stablecoins und angesichts der ausländischen Dominanz über die europäische Zahlungsverkehrslandschaft war die Dringlichkeit einer öffentlichen europäischen Alternative noch nie so groß wie heute.

Der digitale Euro ist die Antwort Brüssels und soll eine sichere, europäisch kontrollierte Alternative zu ausländischen digitalen Währungen und Zahlungsdienstleistern bieten. Die EZB bezeichnet den digitalen Euro nun zu Recht als eine strategische Notwendigkeit, um die kritische europäische Zahlungsinfrastruktur vor ausländischen Unternehmen und riskanten digitalen Währungen zu schützen. Wenn er richtig konzipiert ist, wäre der digitale Euro weithin zugänglich und sicher. Im Gegensatz zu Stablecoins stünde er unter der direkten Kontrolle der EZB. Er wäre eine billigere, öffentlich kontrollierte Alternative zu ausländischen privaten Zahlungsanbietern und würde die Währungssouveränität Europas stärken.

Hier geht es nicht mehr nur um Zweckdienlichkeit. Beim digitalen Euro geht es um Souveränität, Sicherheit und wirtschaftliche Resilienz. Er würde nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern mehr Kontrolle über ihre Einlagen und Zahlungen ermöglichen, sondern auch Europas Position in einer sich rasch verändernden internationalen Landschaft stärken. Die EU-Gesetzgeber müssen Fortschritte beim digitalen Euro erzielen, bevor sich riskante Alternativen, die hauptsächlich aus dem Ausland kommen, im Zahlungssystem der Union etablieren. Die finanzielle Souveränität der EU steht auf dem Spiel.

Eine breite Mobilisierung ist notwendig, um echten Wandel anzustoßen und Europas digitale Souveränität zu sichern.

  • Um mehr über den digitalen Euro zu erfahren, klicken Sie hier.
  • Wenden Sie sich direkt an uns wenn Sie die diesbezüglichen Bemühungen unterstützen können.
  • Teilen Sie diesen Artikel mit interessierten Lesern über LinkedIn, Bluesky oder E-Mail.
  • Registrieren Sie sich für den Newsletter, um weitere Initiativen zur Finanzreform zu erhalten.

Unterstützen Sie Finance Watch mit einer Spende.

0 Kommentare
Hinterlasse einen Kommentar
0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

Ihre Email-Adresse wird nicht veröffentlicht. Pflichtfelder sind mit * gekennzeichnet.

Ähnliche Artikel

Unser Newsletter

Die wichtigsten Mitteilungen direkt in Ihr Postfach