Bericht – Europas anstehende Investitionskrise: Kapitalmärkte können nur ein Drittel des grundlegenden Bedarfs der EU decken
In diesen schwierigen Zeiten würden die europäischen Finanzierungskanäle – selbst unter Berücksichtigung der gesamten Stärke der Kapitalmärkte – nur ein Drittel des wesentlichen Investitionsbedarfs der EU decken. Im neuen Bericht von Finance Watch wird die EU-Kommission aufgefordert, die anstehende Investitionskrise zu evaluieren: Dies könnte die Voraussetzungen für eine neue Diskussion über die Finanzarchitektur der EU schaffen.
Anmerkung: Dieser Text ist die Übersetzung eines in englischer Sprache veröffentlichten Texts. Hier das Original lesen
Unverzichtbare Investitionen
Angesichts der ökologischen und geopolitischen Turbulenzen hängt das Überleben Europas von seiner Fähigkeit ab, massiv in den grünen und digitalen Wandel, in die soziale Infrastruktur und in seine strategische Autonomie zu investieren. Allein aufgrund des Klimawandels mussdie EU in den kommenden Jahrzehnten jedes Jahr zwischen 5 und 10 % ihres BIP investieren. Ein Verzicht auf diese Investitionen ist keine Option: Ein solcher Verzicht würde das Risiko künftiger sozialer und wirtschaftlicher Verwerfungen mit sich bringen, deren Kosten um ein Vielfaches höher wären als die der oben genannten Investitionen.
Ein selbstverschuldetes „öffentliches Finanzloch“
Bedauerlicherweise lässt die Architektur der öffentlichen Finanzen in Europa die erforderlichen Investitionen derzeitnicht zu. Während eine Aufstockung der gemeinsamen EU-Schulden oder des EU-Haushalts ein politisches Tabu ist, lassen die Regeln für die öffentlichen Ausgaben der Mitgliedstaaten den künftigen Nutzen einer Investition, selbst einer Investition mit außergewöhnlichen Renditen, fast vollständig außer Acht. Dies verhindert im Wesentlichen, dass die Haushalte der Mitgliedstaaten einen Beitrag in der erforderlichen Größenordnung leisten können.
Die Kapitalmärkte als Retter in der Not
Um diese Quadratur des Kreises zu erreichen, setzen führende EU-Stimmen ausdrücklich auf die Kapitalmärkte zur Abdeckung des Finanzierungsbedarfs: Das ehemals gescheiterte Projekt der Kapitalmarktunion, das jetzt den Namen Spar- und Investitionsunion trägt, wurde kürzlich von den politischen Verantwortungsträgern der EU wiederbelebt und sollte zu einer der obersten Prioritäten der nächsten EU-Kommission werden.
Eine unangenehme Feststellung
Dies kann teilweise funktionieren: Eine bessere Integration der EU-Finanzmärkte würde den Ersparnissen der Bürger mehr Chancen geben, einen positiven Beitrag zu leisten. Nach einer Schätzung des gesamten Investitionsbedarfs der EU und einer Bewertung der Anteils, der auf den Kapitalmärkten finanziert werden kann – unter Berücksichtigung der Mechanismen, die die Vergabe von privatem Kapital regeln – kommen die Autoren des Berichts jedoch zu dem Ergebnis, dass die Kapitalmärkte selbst bei äußerst optimistischen Annahmen nur ein Drittel des wesentlichen Finanzierungsbedarfs der EU decken können.
Aufforderung zur Durchführung einer offiziellen Evaluierung
Dieses Risiko ist von existenzieller Bedeutung. Als wichtigste Empfehlung werden in dem Bericht die für Wirtschaft zuständigen Dienststellen der EU-Kommission dazu aufgefordert, die Realität dieser Investitionskrise zu evaluieren. Sollte eine solche Studie diese Befürchtungen bestätigen, könnte sie die Voraussetzungen für eine besonnene und pragmatische Prüfung der EU-Finanzierungsarchitektur und der Optionen schaffen, die den politischen Entscheidungsträgern für ihre Reform – kurz- und langfristig – zur Verfügung stehen.